03.01.2020

Urbane Resilienz: Wie geht eine Stadt mit Krisen um?

Angesichts zunehmender Naturkatastrophen zeigen wir, was die urbane Resilienz steigert, Menschenleben schützt und die Lebensqualität verbessert.

Im Jahr 2050 wird 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Grund genug, das urbane Leben zu optimieren. Innovationen und Fachkompetenz bringen Ideen für nachhaltiges urbanes Leben, Smart Cities und sogar glückliche Städte hervor. Was noch fehlt, sind resiliente Städte. Ohne urbane Resilienz ist auch kein Fortschritt in anderen Bereichen möglich. Wir werfen einen Blick auf einige aktuelle Maßnahmen zur Steigerung der urbanen Resilienz.

Eine resiliente Stadt ist eine zukunftsfähige Stadt

Laut der UN liegen die Verluste von Städten aufgrund von Naturkatastrophen im Jahr durchschnittlich bei schätzungsweise 250 Milliarden US-Dollar. Und dabei wird nur der wirtschaftliche Schaden berücksichtigt. Der Verlust von Menschenleben wiegt weitaus schwerer. Städte können jedoch mehr für den Schutz ihrer Bewohner tun, indem sie eine robuste physische und soziale Infrastruktur unterstützen – mit anderen Worten: urbane Resilienz schaffen.

Urbane Resilienz ist die Fähigkeit städtischer Systeme, während eines Traumas oder einer Stresssituation die Stabilität aufrechtzuerhalten und so Leben und Eigentum zu schützen. Das umfasst neben der Gefahrenplanung auch die Flexibilität, sich an neue Bedingungen anzupassen. Ein guter Plan für urbane Resilienz basiert auf einem multidisziplinären Ansatz.

Intelligente, vielseitige Stadtplanung

Der Begriff „urbane Resilienz“ lässt viele an Brücken, Dämme und große Infrastrukturprojekte denken, die eine Stadt „stärker machen“. Doch Resilienz umfasst auch die Fähigkeit, sich anzupassen und sich von Krisen zu erholen. Deshalb ist weniger manchmal mehr. Ganzheitliche Strategien für Resilienz verknüpfen mehrere kleine Lösungen und Sicherheitsmaßnahmen zu einem zusammenhängenden Ganzen.

Im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften können so neue Ansätze kombiniert werden. Kommunen erforschen beispielsweise naturbasierte Planung in Form von begrünten Dächern, „Schwammgehwegen“ und klimabeständiger Landschaftsgestaltung. Gleichzeitig nehmen Bauunternehmen zunehmend Strukturen mit Mischnutzung sowie anpassungsfähige Materialien in den Blick, die extremen Klimabedingungen standhalten.

Hersteller im Bauwesen präsentieren Innovationen, bei denen die Sicherheit von Menschen an erster Stelle steht. Ein interessantes Beispiel: der Aufzugstestturm in Rottweil. Er simuliert mithilfe eines aktiven Schwingungstilgers Erdbeben. Die Testergebnisse wurden beim 181 Fremont Tower in San Francisco umgesetzt – dem ersten Gebäude, bei dem der Aufzug im Notfall als Fluchtweg dient und eine schnellere und effizientere Evakuierung ermöglicht.

181 Fremont
181 Fremont

Intelligente, digitalisierte Versorgung

Katastrophen unterbrechen oft die Stromversorgung. Kohlenstoffarme Städte, die auf nachhaltige und vielseitige Methoden der Energieproduktion zurückgreifen, sind anpassungsfähiger und daher resilienter. Dezentralisierte intelligente Stromnetze und alternative Methoden der Energieerzeugung, wie die Nutzbarmachung der kinetischen Energie von Gehwegen, werden zunehmend erforscht.

Auch optimierte Wasserhygienesysteme können die urbane Resilienz fördern, da sie zur Gesundheit der Bevölkerung beitragen. Bei hoher Bevölkerungsdichte verbreiten sich übertragbare Krankheiten schneller. Die Regierung kann mithilfe digitaler Technologien ein Hygienemanagement-Dashboard entwickeln, um die Indikatoren und Faktoren nachzuverfolgen, die durch verunreinigtes Wasser verursachte Krankheiten begünstigen.

Gleicher Zugang für alle

Soziale Gerechtigkeit ist ebenfalls ein Aspekt der urbanen Resilienz. Das bedeutet, dass alle Bürger gleichwertigen Zugang zu den Systemen einer Stadt haben. Bewohner isolierter Stadtteile, die häufig ärmer sind, können oft nicht einmal auf die grundlegendsten Dienstleistungen zugreifen. Digitale Technologien können hier Abhilfe schaffen.

Urbane Apps und soziale Plattformen verschaffen allen Bürgern eine Stimme und informieren sie regelmäßig über Katastrophenalarme und Neuigkeiten. Offene Daten helfen Regierungsbeamten, evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen, die allen Stadtbewohnern zugutekommen, und verbessern den Austausch von Informationen, die Bereitstellung von Dienstleistungen sowie die Überwachung der Ergebnisse.

Gut vernetzter öffentlicher Verkehr

Vor allem aber brauchen die Städte ein nachhaltiges öffentliches Nahverkehrssystem. Ein belastbares System bietet mehrere Möglichkeiten der Mobilität, und zwar nicht nur für den motorisierten Verkehr, sondern auch für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr. Natürlich ist ein einfacher Zugang zu den Dienstleistungen von größter Bedeutung.

Ein robustes Verkehrssystem gewährleistet eine einfache Nutzung durch Optionen, die von digitalem Ticketing und Online-Navigation bis hin zu städtischen Mobilitätsinnovationen reichen. Städte wie Medellín (Kolumbien) und La Paz (Bolivien) haben mit Hilfe von Seilbahnsystemen ehemals marginalisierte Stadtteile mit dem Stadtzentrum verbunden. Andere Städte setzen zunehmend auf intelligente Mobilitätslösungen, nicht nur um den Zugang zu erleichtern, sondern auch um Engpässe und Überfüllung zu vermeiden.

Zusammen sind wir stärker

Eine intelligente und robuste Infrastruktur ist natürlich gut, doch ebenso wichtig ist eine starke soziale Struktur. Bewohner benötigen die Mittel und das nötige Wissen, um sich in Krisenzeiten gegenseitig zu unterstützen. Dabei geht es manchmal gar nicht um eine unmittelbare Krise, sondern um eine langfristige Herausforderung wie die Versorgung einer alternden Bevölkerung. Eine Stadt, die zusammenarbeitet, ist stärker.

Eine widerstandsfähige Zukunft

Mit der zunehmenden Verstädterung der Bevölkerung werden diese auch anfälliger für Belastungen. Die Städte von heute müssen intelligent, grün, menschenfreundlich … und widerstandsfähig sein. Daher wird die Widerstandsfähigkeit von Städten auch in Zukunft ein wichtiges Ziel sein, nicht nur für Notfallteams, sondern auch für Architekten, Stadtplaner, Ingenieure und sogar Sozialarbeiter, die alle gemeinsam an ganzheitlichen Lösungen arbeiten.

Sources
UN report finds 90 per cent of disasters are weather, via United Nations

Image Credits
Metro Platform, picture by Voicu Horațiu, taken from unsplash.com