05.12.2019

Eine optimale Entscheidung: perfekte Aufzüge für jedes Gebäude

Wie findet man die „perfekte“ Aufzuglösung für ein mittelhohes Gebäude oder einen superhohen Wolkenkratzer mit Mischnutzung? Zwei Aufzugexperten erläutern.

Matching Elevators to Buildings Social Media
Das Spektrum an verfügbaren Aufzugtypen ist groß. Ob Aufzüge mit einer Kabine bzw. Doppelstockaufzüge, zwei unabhängige Kabinen in einem Schacht oder Kabinen, die sich in mehreren Schächten aufwärts, abwärts und seitwärts bewegen: Architekten und Bauherren finden für jede Art von Gebäude eine optimale Kombination von Aufzügen. Wie aber können sie eine „perfekte Lösung“ ermitteln, die dem jeweiligen Personenstrom am besten gerecht wird? Mobilitätslösungen, die den Bedarf eines mittelhohen Bürogebäudes erfüllen, unterscheiden sich von Systemen in einem superhohen Wolkenkratzer mit Mischnutzung. Im Folgenden betrachten wir die Planung der Aufzugkombination für ein Gebäude – mithilfe von zwei Experten, die bei TK Elevator tätig sind: Andreas Schmidt, Head of Consulting & Pricing for MULTI, und Sushanthan Somasundaram, Head of New Installation.

Wachsende Städte bringen höhere Gebäude und mehr Aufzugoptionen mit sich

Angesichts des rasanten Bevölkerungswachstums in urbanen Zentren stellen Beförderungslösungen innerhalb von Gebäuden eine wichtige Komponente der übergeordneten Verkehrsstruktur von Städten dar. Sushanthan Somasundaram erklärt: „Da Städte boomen und der urbane Raum begrenzt ist, gibt es nur eine Richtung, in der weiteres Wachstum möglich ist: aufwärts. Das setzt Gebäude- und Mobilitätslösungen voraus, die flexibel, vielseitig und modular sind. Darum werden neue Aufzugtechnologien benötigt, die der hohen urbanen Dichte gerecht werden.“

Andreas Schmidt fügt hinzu: „Erst die Erfindung des Aufzugs machte den Bau von Wolkenkratzern möglich. Nach und nach konnten Aufzüge aber nicht mehr mit den innovativen Ideen von Architekten Schritt halten. Erst vor Kurzem sind Aufzüge wirklich erwachsen geworden. Heutzutage können sie sich in jede Richtung bewegen, unglaubliche Höhen erreichen und auch außergewöhnlichste Geometrien bewältigen.“

Wenn mit Aufzügen heute alles möglich ist – und die Optionen zahllos sind: Wie wählt man dann die richtige Aufzuglösung für ein bestimmtes Gebäude?

Ein Überblick über Gebäudearten und die Auswahl der geeigneten Aufzüge

Kurz gesagt: Es gibt verschiedene Arten von Aufzügen für verschiedene Arten von Gebäuden. Bei ihrer Auswahl besteht der erste Schritt darin, sich einen Überblick über die Höhe und Form des Gebäudes, die geplante Nutzung sowie die erwartete Zahl der Benutzer zu verschaffen. Auf diese Weise lässt sich die voraussichtliche Zirkulation berechnen. Bei komplexeren Gebäuden umfasst die Entscheidung über eine ideale Lösung ausgeklügelte Programme, die das erwartete Beförderungsverhalten im Gebäude (Zirkulation) simulieren, damit sich Kosten und Vorteile unterschiedlicher Aufzugtypen miteinander vergleichen lassen.

Niedrige Gebäude weisen Aufzuggeschwindigkeiten von bis zu 1,75 m/s auf. Viele von ihnen sind Gebäude mit Mischnutzung inkl. Wohnraum, Gewerbeflächen und Einzelhandel. Bei wenigen Benutzern kann der Beförderungsbedarf in kleineren Bauten mit einem Aufzug, der über eine Kabine verfügt, gedeckt werden. In größeren Bauten wie Kaufhäusern und Shopping Malls stellt meist eine Kombination aus mehreren Einzelkabinenaufzügen, Lastenaufzügen und aufsehenerregenden Fahrtreppen die beste Option dar.

Mittelhohe Gebäude weisen Aufzuggeschwindigkeiten von bis zu 3 m/s auf. Bauten dieser Höhe sind meist gewerblicher Art. Wenn ein Gebäude dieser Höhe über zwei verschiedene Benutzergruppen verfügt (z. B. Büro und Hotel), gibt es ggf. auch zwei komplett getrennte Lobbys und Aufzugsysteme. Hier kommen in vielen Fällen Aufzüge mit einer Kabine, zum Teil aber auch Doppelstockaufzüge oder flexiblere TWIN-Aufzüge zum Einsatz. TWIN-Aufzüge bieten zwei unabhängige Kabinen in einem Schacht, wodurch sich die Beförderungsleistung im Schacht verdoppelt.

Diese Aufzüge müssen jedoch harmonisch betrieben werden. Darum sind neue Systeme oft mit einem sogenannten Zielwahlsteuerungssystem wie AGILE ausgestattet, damit sich Benutzer möglichst effizient gruppieren und Aufzügen zuweisen lassen. Auch ältere Gebäude können mit AGILE modernisiert werden.

Hohe Gebäude oder Wolkenkratzer (ab 40 Stockwerken und 150 Metern aufwärts) lassen sich in drei weitere Kategorien unterteilen: hohe Gebäude (150 bis 299 Meter), superhohe Gebäude (300 bis 599 Meter) und ultrahohe Gebäude (600 Meter und mehr).

Bislang wurden für höhere Gebäude mehr und mehr Aufzugschächte benötigt, weil traditionelle Aufzüge stets nur eine Kabine pro Schacht aufwiesen. Bei zunehmender Höhe wurden also zusätzliche Schächte benötigt, um Personen richtig befördern zu können. Das Problem: Die Schächte nehmen wertvollen Raum in Anspruch.

Heute ist es jedoch unabhängig von der Gebäudehöhe möglich, in weniger Schächten mehr Menschen zu transportieren. Dazu tragen Zielwahlsteuerungssysteme und vorausschauender Service sowie innovative neue Aufzüge wie Hochgeschwindigkeitsaufzüge, Doppelstockaufzüge, TWIN-Aufzüge (zwei unabhängige Kabinen in einem Schacht) sowie MULTI-Aufzüge (mehrere Kabinen mit Magnetschwebetechnik, die sich horizontal und vertikal durch verschiedene Schächte bewegen lassen) bei.

Verständnis der Zirkulation

Wenn Experten in der Aufzugbranche über Zirkulation, Bewegung oder Personenstrom reden, geht es um den Wunsch, für eine kontinuierliche und ungestörte Beförderung von Menschen zu sorgen. Wartezeiten an Aufzügen stellen die größte Hürde für einen effizienten Transport dar. Hochgeschwindigkeitsaufzüge stellen diesbezüglich eine wichtige Option dar; die optimale Methode zur Beförderung vieler Personen in einem Gebäude ist jedoch die Wahl einer optimalen Kombination von Aufzügen, um Wartezeiten zu reduzieren.

Andreas Schmidt, Head of Consulting & Pricing for MULTI bei TK Elevator, erläutert, wie das geht: „Wir verfügen über ein ausgeklügeltes und umfassendes Berechnungsmodell, das uns dabei hilft, die perfekte Aufzugkonfiguration für ein Gebäude zu ermitteln. Um eine optimale Lösung für Kunden zu finden, müssen wir die Stopps, besondere Hotspots im Gebäude (Restaurants, Aussichtsplattformen etc.), die Zahl der Aufzugkabinen und Schächte sowie Zeiten mit starker und schwacher Auslastung (z. B. Rushhour) berücksichtigen. Letztendlich soll dafür gesorgt werden, dass sich Endbenutzer effizient und einfach durch ein Gebäude bewegen können. Idealerweise gäbe es einen konstanten Strom von Menschen und keinerlei Wartezeiten. Aktuell ist das Multikabinensystem von MULTI die beste Methode, um Warte- und Beförderungszeiten möglichst kurz zu halten.“

Effekte höherer Bauten auf das Aufzugdesign

Sushanthan Somasundaram, Head of New Installation bei TK Elevator, erläutert den Effekt höherer Bauten: „Die Aufzugbranche muss der Tatsache, dass Gebäude immer höher und komplexer werden, Rechnung tragen. Dabei müssen verschiedene Aspekte und Abhängigkeiten berücksichtigt werden. Die Frage könnte lauten: Sollen wir Seile verwenden, oder ist es effektiver, ein magnetisches System zu verwenden, das mit Blick auf Höhe und Richtung keine Grenzen kennt?“

„Die zunehmende Gebäudehöhe wird oft begleitet von einer Mischnutzung auf verschiedenen Etagen. Immer öfter gibt es Gebäude, die unten über ein Hotel, Gewerberäume, Büros sowie Einzelhandel und oben über ein Restaurant verfügen. Das macht es schwerer, für alle Benutzer im Gebäude eine effiziente Beförderung zu gewährleisten und Sicherheitsanforderungen einzuhalten – nicht alle Personen sollen stets Zugang zu allen Stockwerken erhalten, doch muss im Notfall eine schnelle Evakuierung möglich sein. Außerdem müssen bei der Planung komplexer hoher Gebäude die Lebensqualität und Work-Life-Balance berücksichtigt werden.“

„Auf der technischen Ebene verstärken höhere Gebäude bestimmte natürliche Effekte (wie Wind oder Erdbeben) auf die Gebäudestruktur. Das kann sich auch auf die Wahl der Aufzuglösungen im Inneren auswirken. So müssen bei der Planung von Aufzügen Schwingungs- und Kamineffekte beachtet werden, da diese direkte Auswirkungen auf das potenzielle Schwingungsverhalten von Aufzugseilen haben. Zudem kann auf Aufzugtüren ein unterschiedlicher Luftdruck einwirken.“

Like small cities, tall buildings need efficient transport systems.

Auswahl der richtigen Aufzugkombination für Wolkenkratzer

In Gebäuden mit Mischnutzung spielen Interaktion und Kooperation zwischen verschiedenen Aufzugtypen eine wichtige Rolle. Im Folgenden erläutert Somasundaram, warum diese Entscheidung in superhohen Gebäuden besonders kritisch ist.

Auswahl der richtigen Aufzuglösung für ein Gebäude

Somasundaram erläutert: „Unsere Teams vor Ort arbeiten mit allen Personen zusammen, die an der Planung und Entwicklung eines neuen Gebäudes beteiligt sind (vor allem mit Architekten, Investoren und Aufzugberatern), um ein optimales vertikales Beförderungskonzept zu erarbeiten und den Gebäudekern so klein wie möglich zu halten.“

„Dafür muss man erst einmal die Anforderungen und geplante zukünftige Nutzung des Gebäudes kennen: Wie sollen die verschiedenen Bereiche im Gebäude genutzt werden, und welche Anforderungen stellen sie an das Aufzugsystem, den Zugang im Gebäude und die Sicherheit? Dabei müssen wir verschiedene Fragen beantworten: Wo werden Personen das Gebäude betreten, und wie viele Personen werden es in einer bestimmten Zeit sein? Wann sind die verschiedenen Personengruppen (Büroangestellte, Bewohner, Restaurant- oder Clubgäste usw.) im Gebäude anwesend, wann bewegen sie sich normalerweise im Gebäude, und lassen sich unterschiedliche Personengruppen in den Aufzugkabinen mischen oder müssen sie getrennt bleiben?“

„Außerdem dürfen wir die Beförderung von Lasten nicht vergessen, vor allem wenn es Etagen mit Wohnraum, Hotels oder Restaurants gibt. Zu guter Letzt müssen bei der Planung eines Gebäudes auch geltende Brandschutz- und Evakuierungsvorschriften angewendet werden.“

„Sobald ausreichend Informationen über die Nutzung und den Personenstrom vorliegen, können unsere Teams vor Ort mit der Planung für die verschiedenen Personengruppen beginnen und mithilfe einer Software für Personenstromanalysen mögliche Lösungen miteinander vergleichen. Mit der Software lassen sich Bewegungen simulieren, je nachdem, welche Aufzugsysteme zum Einsatz kommen bzw. welche technischen Spezifikationen sie aufweisen.“

Beförderung in Gebäuden mit TK Elevator

Somasundaram erklärt: „TK Elevator ist der einzige Aufzughersteller, der das gesamte Spektrum an Aufzügen, die heute für höhere Gebäude verfügbar sind, anbieten kann: ob traditionelle Aufzüge (mit einer Kabine, einem Antrieb und einem Gegengewicht pro Schacht), Doppelstockaufzüge (zwei übereinander befestigte Kabinen mit einem Antrieb und einem Gegengewicht pro Schacht), den TWIN-Aufzug (zwei unabhängige Kabinen mit jeweils eigenem Antrieb und Gegengewicht im gleichen Schacht) oder den MULTI®-Aufzug (mehrere Kabinen im gleichen Schacht, die ohne Seile auskommen und stattdessen über ein lineares Antriebssystem verfügen, das eine horizontale und vertikale Bewegung ermöglicht).“

„TWIN benötigt weniger Schächte als traditionelle Aufzüge, um genauso viele Menschen zu befördern. Das erhöht die Flexibilität des Gebäudes. Anders als bei einem Doppelstockaufzug müssen die Stockwerke zum Beispiel nicht den gleichen Abstand aufweisen; außerdem lassen sich die zwei Kabinen an Änderungen bei den Benutzergruppen anpassen. Ein weiterer Vorteil des TWIN-Systems ist seine hohe Effizienz: Bei geringem Bedarf kann die nicht benötigte Kabine in eine vorübergehende Parkposition versetzt werden.“

A 21-story building at Georgia Tech will have 5 TWINs.

Der Siegeszug von Gebäuden mit Mischnutzung

Schmidt berichtet: „Gebäude mit Mischnutzung sind der Schlüssel zur effizienten Stadt der Zukunft.“ Er glaubt, dass reine Wohn- oder Gewerbegebäude zunehmend selten werden: „Gebäude werden immer höher. Die Zahl der Bauten mit einer Höhe von über 200 Metern hat sich seit dem Jahr 2000 verdreifacht. Die gigantischen Wolkenkratzer sind selbst kleine Städte mit separaten Arbeits-, Wohn- und Freizeitbereichen. Aufzüge müssen Personen zwischen diesen Bereichen auf möglichst kurzem Weg befördern.“

Mit Blick auf Gebäude, die Mischnutzung aufweisen, erläutert Schmidt, dass bestimmte Verhaltensweisen von Benutzern abnehmen und andere zunehmen werden: „In einem typischen Bürogebäude gibt es drei Stoßzeiten: morgens, mittags (Mittagessen) und abends. In einem Gebäude mit Mischnutzung hingegen sind Stoßzeiten weniger ausgeprägt, da es einen nahezu konstanten Personenstrom gibt. Andererseits kann es sein, dass einzelne Stopps eine größere Rolle spielen. Zusätzlich zum Erdgeschoss kann es sein, dass Stockwerke mit Einzelhandel besonders stark frequentiert werden. Das muss bei der Planung berücksichtigt werden.“

Wenn Aufzüge Mehrwert bieten

Außerdem sollten Sie überlegen, ob Sie mehr von einem Aufzug erwarten als nur Mobilität. Kann ein Aufzug ein Gebäude schöner machen, neue Entwürfe zulassen oder die vermietbare Fläche erhöhen? Schmidt erörtert, wie das der MULTI-Aufzug möglich macht, und stellt zwei zukünftige Projekte mit MULTI-Aufzug vor.

Schmidt: “MULTI not only offers spectacular features like linear propulsion, horizontal movement, and multiple cabins in one shaft, it also provides tangible benefits to architects and building owners: the multi-cabin system reduces the footprint of the elevator system by up to 50 percent. That means more space to rent or sell.”

„Dank der Fähigkeit zu horizontaler Bewegung werden neue Verbindungen möglich. Übergänge in der Höhe, sogenannte Skybridges, werden deutlich attraktiver, wenn Aufzüge seitliche Beförderung erlauben. Lineare Antriebe machen Seile überflüssig und sorgen dafür, dass die Höhenbegrenzungen traditioneller Systeme (ca. 500 Meter) der Vergangenheit angehören. Mit dem MULTI lassen sich ohne Unterbrechungen oder zusätzliche Aufzugbatterien neue Gebäudeformen und Rekordhöhen realisieren. Außerdem wird kein mechanischer Raum über dem Schacht mehr benötigt, sodass der MULTI-Aufzug auch das oberste Stockwerk eines Gebäudes bedienen kann. Insgesamt heißt das, dass wir mit interessanten und individuellen Bauwerken rechnen können, von denen einige bereits in Planung sind.“

MULTI-Projekte in Deutschland

Schmidt berichtet: „Wir arbeiten gerade an zwei Konzepten für große Gebäude in Deutschland. Eines davon ist ein Neubau, während das andere ein Bau ist, der renoviert und an neue Anforderungen angepasst werden soll. Der MULTI-Aufzug wird dabei das zentrale Beförderungselement darstellen – nicht nur, weil er verschiedene horizontale Wege im Gebäude zulässt, sondern auch, weil er Transport zwischen dem Gebäudeinneren und angrenzenden U-Bahn-Stationen erlaubt. Möglich wird das Konzept durch MULTI. Wir sind zuversichtlich, dass beide Projekte in wenigen Jahren abgeschlossen sein werden.“

With the MULTI from building to metro.

Unsere urbane Zukunft reicht weiter mit Aufzügen

Da Städte wachsen und Gebäude immer höher werden, benötigen wir Aufzuglösungen, die Personen möglichst reibungslos von Ort zu Ort bewegen können. Für optimale Mobilität in Städten müssen wir jedoch auch anfangen, über Verbindungen zwischen Gebäuden nachzudenken, und überlegen, wie Aufzüge (wie der MULTI) solche Verbindungen im Untergrund oder über Skybridges unterstützen können. Mit kreativen Ideen wie der Hängenden Stadt scheint klar, dass der Himmel wirklich die Grenze ist.

The Hanging City: Is our future in the sky?

Image Credits
Cities on the rise, picture by Ruslan Bardash, taken from unsplash.com
Skyscrapers (worm’s eye view), picture by Scott Webb, taken from unsplash.com